FRIEDE DEN KURVEN – KAMPF DEN VERBÄNDEN!
Moin Sankt Pauli Fans,
vor zwei Wochen war es soweit: Nach über 560 Tagen waren wir zurück in der Südkurve. Auch wenn sich für viele alles schnell wieder anfühlte wie früher, möchten wir trotzdem nicht kommentarlos zur vermeintlichen Normalität zurückkehren.
Während der Pandemie hat das System Fußball in krassem Ausmaß gezeigt, woran es schon seit langer Zeit krankt.
In der Vergangenheit wurde Fans in Deutschland regelmäßig vorgeführt, dass es keinen wirklichen Willen für Veränderung im Sinne der Fans oder eines fairen Wettbewerbs gibt. Sei es die Debatte um die Legalisierung von Pyrotechnik, die regelmäßige Willfährigkeit der Verbände gegenüber den Sicherheitsbehörden oder die Zerstückelung der Spieltage. Wir haben auch die “Causa Hopp” nicht vergessen: Eindrücklich demonstrierte der DFB wie viel er bereit ist dafür zu tun, einen seiner Clansbrüder zu schützen. Auf einmal waren Menschenrechte und Diskriminierung wieder ein Thema, obwohl der Verband doch eigentlich Weltmeister im Herunterspielen eben dieser wichtigen Grundsätze des Zusammenlebens ist.
Zu Beginn der Pandemie flackerte für einen kurzen Zeitraum die Hoffnung auf, dass jetzt der Zeitpunkt gekommen sei um tiefgreifende Veränderungen in die Wege zu leiten. Wir haben als Ultrà Sankt Pauli gemeinsam mit weiteren Teilen der Fanszene und unserem Präsidium dazu ein umfangreiches Positionspapier erarbeitet und vorgestellt.
Das Flackern sollte sich jedoch als Nebelkerze entpuppen. Von einem Willen zu Veränderungen hinsichtlich eines nachhaltigen und fairen Wettbewerbs war bei der Präsentation der von der DFL eingerichteten Task Force nichts mehr zu spüren.
Es zwingt sich der Eindruck auf, dass die gesamte Struktur der DFL und des DFB nur für die Erhaltung des Status Quo, sowie eigener privater Interessen arbeitet. Das Handeln und die Konsequenzen um den Geschäftsbetrieb in der schlimmsten Zeit der Pandemie in Europa führte nicht zu Demut, sondern nur zu neuer Schamlosigkeit: Der unregulierte Bereich der Spielerberater, das Geschachere um Jugendspieler, die permanenten Angriffe auf die 50+1 Regelung und die überhitzte finanzielle Dynamik des Wettbewerbs, die immer mehr Vereine in den Ruin oder risikoreiche Finanzkonstrukte drückt, sind nur einige Beispiele für das, was derzeit so verdammt falsch läuft.
Uns ist bewusst, dass wir mit dem Kauf einer Eintrittskarte und dem Auftreten in der Kurve zwangsläufig ein Teil dieses kaputten Systems werden. Nicht zuletzt wird die Strahlkraft der Kurven von den Verbänden immer wieder dazu genutzt ihr Produkt Fußball zu verkaufen und ihre Taschen weiter zu füllen. Diese Tatsache müssen wir schlucken, jedoch nicht ohne uns dagegen und gegen alle anderen Auswüchse des modernen Fußballs zu wehren.
Wir dürfen diesen Leuten, die bei allem was sie tun nur an ihre eigene Bereicherung denken, nicht das Feld überlassen. Werte wie Freundschaft, Miteinander und Solidarität, die für unsere Bewegung elementar sind, zählen für sie nicht. In ihrer Welt geht es einzig um den Profit. Diese Leute haben das, wofür wir alle leben, nie verstanden. Und sie werden es auch nie tun. Für uns gilt deshalb:
Ein andere Fussball ist möglich, aber nicht mit diesen Verbänden!
Wir laden alle Fans dazu ein, den alten reichen Männern in ihren teuren Wein zu spucken und ihnen den herzlosen, möglichst profitablen Fußball, den sie sich so sehr wünschen, so gut es geht zu verderben. Wir müssen immer wieder den Finger in die Wunde legen und dürfen diese Art von Fußball nicht kommentarlos geschehen lassen.
In diesem Sinne: Friede den Kurven, Kampf den Verbänden!
SANKT PAULI! ULTRAS! SÜDKURVE!
Ultrà Sankt Pauli, Oktober 2021