Wenn das der Frieden ist, muss man den Krieg nicht noch erfinden!

Das vor einiger Zeit noch Unvorstellbare ist eingetroffen. Die Maßnahme der Polizei, dem Verein den Verkauf von Gästetickets an Hansa-Fans zu verbieten, ist gerichtlich genehmigt worden. Zwei Einsprüche des Vereins wurden abgelehnt. Die Folgen für Fußballfans sind kaum abzuschätzen. De facto ist die Polizei nun die Institution, die entscheidet, ob Fans reisen dürfen oder nicht – gegen die Interessen der Vereine und des Fußballs. Es ist eine Entscheidung der Polizei, die so Möglichkeiten und Instrumente bekommt, die gesellschaftspolitisch betrachtet äußerst bedenklich sind. Die dreisten Lügen der Polizeigewerkschaften, die verblendete Hetze nicht nur gegen Fans, sondern auch gegen Minderheiten und andere “Störer”, “Chaoten” und “polizeiliche Gegenüber” haben sich also mal wieder ausgezahlt und sind vom deutschen Staat für richtig befunden worden.

Es gilt jedoch nach wie vor: Der Fußball und die Fankultur sind nicht durch die “Randalierer” bedroht, nicht durch die organisierten Fans, die Ultras oder andere Fans, die für ihre Vorstellungen kämpfen. Diese Menschen sind Teil des Ganzen. Diese Menschen leben und lieben den Fußball, richten ihr Leben nach ihm aus, sie kämpfen um ihn, schützen Freiräume und verteidigen durch ihre fortwährende Kritik an den sich entwickelnden Verhältnissen im Grunde die letzte Würde des Fußballs. Der Fußball, die Freiheit und all’ das, was die Kurven zu einem Kulturgut gemacht hat, sie alle sind bedroht durch die, die vorgeben, alles sicherer und besser machen zu wollen. In diesem Fall ist das konkret die Polizei. Sie ist die Gefahr, die es zu bannen gilt. Die Fankurven sind nicht sicher nach den Maßstäben, die die Gesellschaft an sie anlegt, sie sind nicht sauber, kontrolliert und berechenbar. Sie sind ein Ort, der von den Menschen geprägt wird, die sie mit Leben füllen und die sich dabei ihre eigenen Regeln schaffen. Dieser Kampf ist durch das aktuelle Urteil und die Allmachtsphantasien der Polizei konkret wie selten zuvor.

Als Reaktion wird es am Sonntag keinen organisierten Support oder Aktionen im Stadion geben. Ein solches Spiel ist nichts wert – es ist eine Farce und eine Gefahr! Der Treffpunkt für alle, die sich gegen die Maßnahmen aussprechen ist der Südkurvenvorplatz! Die Mannschaft wird Hansa in die dritte Liga schießen, den Kampf um den Relegationsplatz spannend halten und wir werden draußen dafür einstehen, dass wir auch in Zukunft dahin fahren können, wo unsere Mannschaft spielt.

Wer sich als Fußballfan definiert, der wird kaum auf die Idee kommen können, dieses Spiel, das von der Polizei auf dem Altar der “Sicherheit” geopfert wird, so zu begehen, wie jedes andere. Es ist die Nagelprobe der Maßnahme, genauso wie die von den Fans ad absurdum geführten Auswärtsverbote gegen Dynamo Dresden und Eintracht Frankfurt die gescheiterte Nagelprobe der im Nachgang als unsinnig erkannten Maßnahmen waren. Auch wir sind schon betroffen. Dem Vernehmen nach wartete die Polizei in Dresden nur auf das Urteil zum Hansa-Spiel um auch auf der Grundlage zu entscheiden, ob wir zum letzten Auswärtsspiel nach Dresden fahren dürfen. Sollte dieser Tag so ausgehen, wie die Polizei es will und wie sie auch in ihrem Antrag argumentierte, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis wir oder andere Fangruppen wieder betroffen sind. Der FC St. Pauli plant nicht ohne Grund, weitere Gerichte anzurufen, um so einen Präzedenzfall nicht zuzulassen. Die Frage nach Protestaktionen ist kompliziert: Konsequent wäre es, das Spiel nicht beginnen zu lassen. Hiermit würde allerdings in erster Linie der FC St. Pauli geschädigt, der auf unserer Seite steht, sich toll verhalten hat und schadlos gehalten werden sollte. Der Adressat ist nicht der Verein und dieses Mal noch nicht einmal der Verband. Soll ein Protest nicht affektiert wirken, dann muss er sich an die Schuldigen richten. Die Polizei will mit dem Verbot erreichen, dass sie keine Aufwände mit den Fans hat und greift zu diesem Selbstzweck tief in die Freiheit der Menschen ein. Die Rostocker Fans geben mit der Demonstration in Hamburg die richtige Antwort und reisen trotzdem an. Mit den Rostockern gemeinsam demonstrieren? Nein, danke! Wir wollen aber ähnlich handeln und werden das Spiel auf dem Südkurvenvorplatz am AFM-Container und den umliegenden Straßen verbringen. Jahre nach dem Protest gegen Spielverlegungen in den Volkspark gibt es also wieder eine Radioparty am Millerntor. Das Ziel muss sein, eine Situation zu schaffen, in der selbst der verblendetste Polizeistratege die Maßnahme hinterfragt.

Werdet aktiv und kreativ! Diskutiert mit eurer Bezugsgruppe und entwickelt Ideen, damit der Sonntag nicht so abläuft, wie es von der Polizei gewollt ist. Es hat sich gezeigt, dass tolle Ideen entstehen, wenn die braun-weißen Köpfe erst einmal rauchen und andere Fanszenen haben bewiesen, was für deutliche Zeichen man außerhalb des Stadions setzen kann. Macht euren Widerspruch deutlich. Unser Verein hat auf offizieller Ebene alles ihm Mögliche getan. Es ist nun die Aufgabe von uns Fans, deutlich zu machen, dass diese Scheiße nicht unwidersprochen bleibt und keinen Sinn erfüllt. Kommt auf den Südkurvenvorplatz und seid dabei auf alles vorbereitet!

Außerdem werden wir den Abend vor dem Spiel gemeinsam mit euch allen verbringen. Kommt alle in die Halle an der Budapester Straße gegenüber des Jolly Rogers, um das Handballteam des FC St. Pauli im Kampf um den Klassenerhalt zu unterstützen und euch danach am Jolly auf den Spieltag einzustimmen. Mischt euch ein, seid dabei, startet etwas – jeder Einzelne kann etwas verändern! Wir sind Sankt Pauli!

Samstag:
19:30 Uhr: Handball Budapester Straße, danach Jolly.

Sonntag:
11 Uhr Südkurvenvorplatz / AFM-Container.
Ab 13:30 Uhr Radioübertragung des Spiels.

Bereitet euch auf alles vor und bleibt agil an den Tagen!

Sie schüchtern uns nicht ein, sie machen uns wütend!

Von Gazzetta am 18. April 2012 07:16 in Infos