Reaktion auf Präsidiumsbeschluss


Hallo Sankt Pauli-Fans,

eigentlich müsste es langsam auch mal gut sein mit Stellungnahmen, was? Auch wir haben viel mehr Bock, uns über den eventuell bevorstehenden Aufstieg zu freuen. Zur Stellungnahme des Präsidiums wollen wir uns dennoch noch einmal öffentlich äußern, denn wir denken, das sind wir den vielen hundert Fans in unserem Umfeld und auch der restlichen Fanszene schuldig.

Wir haben in der aktuellen Auseinandersetzung, vor allem im Vorfeld der Präsidiumsstellungnahme, sehr lange auf Kommunikation und Deeskalation mit dem Präsidium gesetzt. Wir haben immer für einen fairen Austausch auf Augenhöhe plädiert und dafür auch manche herbe Enttäuschung hingenommen. Wir haben so viel für ein „aufeinander Zugehen“ geworben, dass wir dafür von fast allen aktiven Fans, Gruppen und Gremien schon wieder für diesen Kuschelkurs kritisiert worden sind. Wir haben dafür am Ende Unverständnis von den Leuten geerntet, deren Meinung uns so viel mehr wert ist, als es die eines Präsidenten, der von einer Respektlosigkeit zur nächsten jagt, jemals sein könnte.

Mit dem aktuellen Verhalten hat das Präsidium jetzt zumindest einmal deutlich gemacht, wie es das Verhältnis zur Fanszene definiert. Dies wurde auch im Gespräch zwischen dem Präsidium, dem Fanladen und USP deutlich. Die „einmaligen Fans“ und Vereinsmitglieder befinden sich nicht auf Augenhöhe, sondern werden von oben herab bestraft, falls das Präsidium ein „Fehlverhalten“ attestiert. Es geht uns dabei nicht um aktuelle Sanktionen, über die wir uns aktuell keine Gedanken machen, sondern um die Grundlage, auf der man sich begegnet.

Wir sind nicht bereit und waren es auch im Gespräch mit dem Verein nicht, über Strafen zu „verhandeln“. Wir hätten einige zeitlich begrenzte Einschränkungen von Dingen, die ursächlich mit der Blockade zu tun hatten, hingenommen, doch einen so weitreichenden, undifferenzierten Angriff auf die Fans von Sankt Pauli können wir, vor allem da wir wissen, wie respektlos Teile des Präsidiums mit den Fans seit jeher umgehen, nicht akzeptieren. Auch können wir nur fassungslos den Kopf schütteln, wenn es das Präsidium in seiner Stellungnahme als Zugeständnis darstellt, dass es für eine friedliche Protestaktion am Millerntor keine Stadionverbote erteilen oder Anzeigen stellen wird.

Ein paar Worte möchten wir zu den oftmals bemühten „Privilegien“ verlieren. Oftmals wird es so dargestellt, als würden die aktiven Fans, die in der Regel nur „geben“, sich an diesen „Privilegien“ irgendwie bereichern oder in sonst einer Art und Weise „nehmen“. Ist es in der verquerten Wahrnehmung des Präsidiums nun schon ein „Privileg“, die Mannschaft anfeuern zu können? Ist es ein Privileg, eine bunte und aktive Fankurve zu schaffen und nur um dies zu organisieren, früher ins Stadion zu gehen (dies kann übrigens auch jeder andere, der etwas plant) oder Dinge in Stadionnähe zu lagern? Ist es ein Privileg, seinen Bereich im Stadion zu prägen und die Fahnen seines Fanclubs oder seiner Gruppe aufzuhängen, wie man es für richtig hält? Die Liste der Widersprüche würde unendlich werden.

Schmunzeln müssen wir in diesem Zusammenhang über die Diskussion um das Südkurvenkonzept. Dieses Konzept ist kein „Privileg“, sondern ein Gemeinschaftsprojekt von Verein, Fanladen und USP. Es entbehrt nicht einer gewissen Komik, dass gerade das Projekt, im Rahmen dessen wir mit dem Verein zusammen ein Problem lösen und etwas zum Guten wenden wollten, nun zum größten „Privileg“ stilisiert wird. Wir fragen uns, worin dieses Privileg bestehen soll, zumal wir stets viel Kritik ausgesetzt waren und diese stets alleine geschultert haben. Weder hat USP eine einzige Karte billiger bekommen, noch haben wir jemals eine Auswahl getroffen, welche Fans die Karten bekommen… und wollten das auch nie. Was wir allerdings gemacht haben, ist eine Fankurve zu schaffen, in der nach Jahren nicht vorhandener Kapazitäten für neue Fans, ja nach dem Fehlen einer ganzen Fangeneration, wieder viele jugendliche Fans einen Platz im Stadion gefunden haben, um den FC Sankt Pauli als ihren Verein zu entdecken. Eine Fankurve, die innerhalb des Vereins immer in höchsten Tönen für ihre Stimmung und Aktionen gelobt wurde. Wir vermuten folgende Überlegungen beim Präsidium: zwar werden die Erfolge des Südkurvenprojekts bis zu einem gewissen Grad gewürdigt, doch hat man Angst, dass aus dem Konzept ein gewisses Selbstverständnis der Ultras abgeleitet wird. Wer so argumentiert stellt leider ein weiteres Mal unter Beweis, wie fern er den organisierten Fans ist, denn der Anspruch, den USP an die Südkurve hat und den wir weiter verfolgen werden, erwächst aus vielen, vielen Dingen und Entwicklungen, ganz gewiss aber nicht aus dem Modus der Eintrittskartenvergabe. Wir sind gar nicht erpicht darauf, nun Unterschriften zu sammeln oder uns sonstwie dafür einzusetzen, dass alles beim Alten bleibt. Wir sind stattdessen viel mehr gespannt auf die Lösung des Vereins – ob und wie er dafür sorgen möchte, dass auch zukünftig neuen Fans und begeisterten Jugendlichen der Zugang zur Fankurve des FC St. Pauli möglich ist.

Wir werden in keinem Fall irgendwelche Selbstverständlichkeiten beim Verein anfragen oder um irgendeine Erlaubnis bitten. Um einer Entspannung der Situation aber noch eine Chance zu geben, werden wir uns zu Reaktionen nur äußern, falls es in Zukunft tatsächlich irgendwann zu Einschränkungen gegen Fangruppen kommen sollte.

Nun lasst uns aber erst mal an den möglichen Aufstieg denken und alles dafür tun! Der Verein sind die Fans! So war es gestern, so ist es heute, und so wird es in der Zukunft sein!

Von Gazzetta am 22. April 2010 14:15 in Infos