Rebellischer Lifestyle gewürzt mit ordentlich Patriotismus…
Am 30.12.2009 ist ein Konzert in der Markthalle geplant, bei dem als Hauptact die italienische Band Frei.Wild spielen sollen. Italienische Band und dann dieser Name? Nun, der Sänger Philipp „Fips“ Burger erklärt das so:
„Wir fanden die Adjektive ,Frei’ und eben auch ‚Wild’ geil und auch passend für Onkelzsound! Es sind zwei Wörter die typisch für jugendliche Einstellungen sind! Beide zusammen Frei.Wild eben! 2 . es sollte halt ein deutscher Name sein, weil Frei.Wild ausschließlich deutsche Texte hat und auch immer haben wird!“ (Interview mit O!visions im August 2005)
Alle Bandmitglieder, die sämtlich aus Südtirol stammen, haben die Böhsen Onkelz als Ikonen auserkoren, was sich sowohl in Musik als auch in den Texten widerspiegelt:
„Südtirol, wir tragen deine Fahne,
denn du bist das schönste Land der Welt,
Südtirol, sind stolze Söhne von dir,
unser Heimatland, wir geben dich niemehr her.
Südtirol, deinen Brüdern entrissen,
schreit es hinaus, daß es alle wissen,
Südtirol, du bist noch nicht verlorn,
in der Hölle sollen deine Feinde schmorn.“ (aus dem Lied Südtirol)
Rebellischer Lifestyle gewürzt mit ordentlich Patriotismus also. Dass es sich bei letzterem nicht lediglich um Attitüde und hohle Phrasen handelt, sondern eine nicht ganz unüberlegte Weltanschauung dahinter steht, stellte Fips auch unter Beweis. Bis 2008 war er nicht nur Mitglied der Partei Die Freiheitlichen, er bekleidete dort sogar ein Amt. Eben jene Partei verfolgt das Selbstbestimmungsrecht der Südtiroler, das perspektivisch zur Angliederung an Österreich führen soll (eine Verbindung, die in der Zusammenarbeit mit der rechtspopulistischen FPÖ vorbereitet wird). Zudem bekennt sie sich offen zu ausländerfeindlichen Positionen. Oder wie es von ihnen selbst beschrieben wird, zu einem „[…] liberale[n] Politikverständnis mit seinem wertekonservativen Gesellschaftsbild. Und vor allem [zu] unser[em] Südtirol- und Tirol-Patriotismus.“ (M. Demanega: Freiheitliche Wurzeln (2009)). Das im Wahlprogramm erklärte Ziel sind „freie Bürger in einem freien Land“, welches dann wie folgt erreicht bzw. umgesetzt werden soll:
Aufrechterhaltung des muttersprachlichen Prinzips auf der Grundlage des Autonomiestatuts; bessere Ausbildung der Zweitsprachenlehrer und Bekämpfung der ethnischen Falscherklärungen.
Keine ideologischen Experimente im Kindergarten- und Schulwesen! Nein zu Immersion und Koranunterricht.
Einheimische zuerst. Die Sozialwohnungen und die Wohnbauförderung sind vornehmlich der einheimischen Bevölkerung vorzubehalten.
Die Ausgaben für den öffentlichen Gesundheitsdienst und für soziale Einrichtungen sind genauestens zu kontrollieren, damit keine Verschwendung, keine Ungerechtigkeiten und kein Missbrauch stattfinden. Einwanderer, die einzig und allein zu dem Zweck eingereist sind, Sozialleistungen zu erhalten oder ihre Identität zu verschleiern, sollten ihren Rechtsanspruch auf soziale Leistungen verlieren und das Land verlassen müssen.
Grundsätzlich dürfen nur solche Personen ins Land, die einen Arbeitsplatz und eine Wohnung nachweisen. Zuwanderern, die aufgrund objektiver Kriterien keine Chance auf eine Arbeitsstelle haben, ist die Aufenthaltsgenehmigung zu verwehren. Sie sind umgehend abzuschieben.
Hilfe für Asylbewerber durch Errichtung eines Flüchtlingsheimes sowie Ausländerwohnheime.
Verstärkte Bekämpfung der Kriminalität – Sofortige Ausweisung und Aufenthaltsverbot für ausländische Straftäter. Die Sicherheitsorgane sollten bürgernah vor Gewaltverbrechen (z.B. Vergewaltigungen), Wohnungseinbrüchen, Autodiebstählen, Beschaffungskriminalität und Vandalismus schützen. Neubau des Gefängnisses in Bozen. Einheimische Häftlinge sollen in Bozen bleiben dürfen. Übertragung der Kompetenzen für Einwanderungsfragen sowie der Polizeihoheit vom Innenministerium an das Land.
(Auszüge aus dem Wahlprogramm der Freiheitlichen Stand: 2009)
Als im September 2008 dann auf der Homepage der Freiheitlichen erklärt wurde, dass Fips mit seiner Band Frei.Wild auf einer Parteiveranstaltung auftreten sollte, passte das wohl nicht so ganz ins Bild einer unpolitischen Deutschrock-Oi-Band, welches die Band und v.a. ihr Management in der Öffentlichkeit aus kommerziellen Gründen abzugeben wünschen. Der geplante Gig wurde abgesagt und im Oktober 2008 trat Fips aus der Partei aus. Danach wurde versucht am Image zu feilen und eifrig Texte geschrieben, welche eine Distanzierung von alledem deutlich machen sollten:
„Das ist das Land der Vollidioten, die denken, Heimatliebe ist gleich Staatsverrat, wir sind keine Neonazis und keine Anarchisten, wir sind einfach gleich wie Ihr, von hier.“ (aus dem Lied Das Land der Vollidioten (2006))
„Wir tanzen keinen Adolf Hitler, tanzen keinen Mussolini, wir mögen keinen Berlusconi und schon gar nicht diesen Fini, wir mögen keinen Marx und Engels, auf Bush und Hussein wird geschissen, also redet jemand anderem ins Gewissen.“ (aus dem Lied Das Land der Vollidioten (2006))
Und schon früher: „Rot und Braun, keinem darfst du trau’n.“ (aus dem Lied Schwarz & Weiss (2006))
Dumm nur, dass diese Texte nicht gerade an Glaubwürdigkeit gewinnen, wenn sie (hauptsächlich) aus der Feder von Fips stammen, der seinen Parteiaustritt 2008 folgendermaßen kommentierte:
“Was die Mitgliedschaft bei den Freiheitlichen betrifft: Ich bin aus der Partei wieder ausgetreten und habe auch das Amt niedergelegt, aber nicht etwa deswegen, weil ich Schuldgefühle habe oder mit dem Parteiprogramm nicht einverstanden wäre, soviel ist sicher, sondern weil ich, vor allem nach der Aussprache mit der Crew, eingesehen habe, dass es etwas zwiespältig ist, Parteimitglied zu sein und gleichzeitig Distanz vor der gesamten Politik zu nehmen, da gebe ich euch recht und habe meine Konsequenzen gezogen.”
Frei.Wild sind keine Nazis? Vielleicht stimmt das sogar, deren ideologische Momente sind ihnen jedenfalls nicht nachzuweisen. Unwiderleglich sind sie aber bekackte Rassisten irgendwo zwischen Nationalismus und chauvinistischer Deutschtümelei.
Darüber hinaus sind sie sich allerdings nicht zu schade mit Bands gemeinsam Konzerte zu spielen, welche zweifellos rechtsradikales Publikum anziehen. So z.B. die Enkelz, bei denen es im Rahmen eines Konzerts im N8 in Osnabrück 2005 zu Flaschenwürfen und Übergriffen auf einen Wagenplatz kam und 2007 nach Augenzeugenberichten Nazis mit rechten Symbolen, Tattoos und rechten Meinungen nicht zur Minderheit gehörten. Wie es sich beim Konzert in Hamburg zusammen mit Serum 114 und den Kneipenterroristen verhalten wird, überlassen wir da einmal der Einschätzung jede_s Einzelnen. Ausgrenzende und gewaltverharmlosende oder gar -verherrlichende Attitüden in der von Fips ach so schwärmend geliebten Onkelz-Manier dürfte es in jedem Fall zu Hauf geben an dem Abend. Auf wie vor der Bühne.
Das ist nicht hinnehmbar.